Sonntag, 6. Januar 2008

Der Informationsabend am 4. Dezember

Ein Beispiel, um nicht zu sagen das Paradebeispiel, für die im ersten Beitrag angesprochenen Schwierigkeiten interne und externe Kommunikation zu trennen ist der Informationsabend vom 4. Dezember. Dieser wurde in alle Gemeinden des deutschsprachigen Raums übertragen und sollte möglichst viele Mitglieder der Kirche zur erreichen. Dazu wurde auch teilweise der Gottesdienst am Mittwoch abgesagt. Die Themenschwerpunkte des Abends, das Selbstbild der neuapostolischen Kirche und die Abspaltungen von der Kirche, die Mitte der fünfziger Jahre erfolgten, waren jedoch ausschließlich Themen, die in der externen Kommunikation eine Rolle spielen und intern nicht wirklich aktuell noch problematisch sind.
Die im Selbstbild genannten Punkte spiegeln so ziemlich genau das wieder, was als Inhalt neuapostolischer Lehre über Jahre in den Gottesdiensten verkündigt wurde und wird. Es war also weder neu noch wirklich offen oder unklar im Selbstverständnis der aktiven Kirchenmitglieder.
Auch das zweite Thema ist nur intern für diejenigen von Interesse gewesen, die sich für Kirchengeschichte interessieren. Selbst diejenigen, die damals davon betroffen waren, haben in der Regel mit dieser Zeit abgeschlossen.
Aber beide Themen sind für die Kommunikation nach außen von Bedeutung. Damit sind zum Beispiel die Aktivitäten zur Ökumene und die Kontakte zu den Gemeinschaften, die als Abspaltungen der neuapostolischen Kirche entstanden sind, gemeint. In Gesprächen mit Aussteigern und Kritikern spielen sie sicher eine wesentliche Rolle.
Anscheinend haben die Diskussionen und Veröffentlichungen im Internet zu der Annahme verleitet, dass genau diese Themen auch die Gemeinden bewegen. Das ist nach meinen Erfahrungen nicht der Fall. Und wer genauer in die Foren schaut, wird feststellen, dass häufig genug beklagt wird, dass die Betreffenden in ihrer Umgebung und Gemeinde, falls zu ihr noch Kontakte bestehen, keine Resonanz bezüglich der persönlich so brisanten Themen erhalten. Paradoxerweise nehmen aber die gleichen Autoren für sich in Anspruch zu wissen, was die Gemeinden bewegt, und was die Kirche tun muss, damit Mitglieder sich nicht von der Kirche abwenden.
Dass markante Ereignisse und Dokumente, die die Vergangenheit und die Lehre der Kirche betreffen, im Internet so eine große Rolle spielen, hat auch damit zu tun, dass es konkretes, fassbares Material ist, das man im eigenen Sinn analysieren, kommentieren, deuten und einer Öffentlichkeit vorweisen kann. Eigenes Erleben, Gespräche mit Amtsträgern, Gottesdienste, die nur als Erinnerung vorhanden sind, eignen sich dagegen wenig um die Konflikte mit der Kirche auszutragen und anderen begreiflich zu machen.
Für die meisten Teilnehmer sicher neu gewesen ist das Ausmaß der internen Auseinandersetzungen innerhalb der Kirchenleitung in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Der Widerspruch zu der damals und heute vertretenen und beschworenen Einheit des Apostelkollegiums ist so signifikant, dass das sicher die kirchenintern brisanteste Neuigkeit dieses Abends war. In diesem Fall war der Informationsabend das falsche Forum die Kirchengeschichte in dieser Form zu veröffentlichen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel ein deutlich kürzerer Vortrag gewesen, etwa in der Art wie er in der aktuellen Ausgabe der Kirchenzeitschrift „Unsere Familie“ erschienen ist, zusammen mit einer Einleitung allgemeiner Art, die erklärt, auf welche Art Entscheidungsprozesse in Vergangenheit und Gegenwart kontrovers verlaufen und wie sich das mit dem Begriff der Einheit und des Einsseins im Apostelkollegium und der Kirche verträgt.

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